(socialON) Entgegen ihrer Ankündigung im rot-grünen Koalitionsvertrag haben die Vertreter der niedersächsischen Landesregierung heute im Bundesrat dem von der schwarz-gelben Bundesregierung initiierten Leistungsschutzrecht zugestimmt. Erst letzten Monat hatten die Vertreter von SPD und Grünen vereinbart, keinem eigenständigen Leistungsschutzrecht zuzustimmen.
Kevin Price, Vorsitzender der Piratenpartei Niedersachsen, zeigt sich empört: »Das Leistungsschutzrecht ist ein Riesenfehler. Rot-Grün hatte die Chance, diesen Fehler im Bundesrat noch aufzuhalten. Das hatten sie vorab sogar deutlich angekündigt, miteinander vereinbart und von Parteitagen beschließen lassen. Aber heute fällt dieser unglaubwürdige netzpolitische Anstrich. Heute sind SPD und Grüne allen Bloggern und Webseiten-Betreibern in den Rücken gefallen. Ihre Zustimmung zu einem unsinnigen und handwerklich schlecht gemachten Gesetz mehrt Rechtsunsicherheit und öffnet damit Abmahnern Tür und Tor.«
Die Piratenpartei setzt sich bereits seit Beginn der Verhandlungen gegen ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage ein. Sie sieht in dem jetzt beschlossenen Gesetz einen Nachteil sowohl für die Internetnutzer als auch für die Verleger selbst. So haben sich auch viele Verleger zusammen mit der Piratenpartei gegen das Leistungsschutzrecht ausgesprochen und gegen das Gesetz protestiert.
Katharina Nocun, Themenbeauftragte für Datenschutz der Piratenpartei Deutschland, kommentiert: »Das Leistungsschutzrecht in der jetzigen Form stellt eine Bremse für die freie Informationsverbreitung im Internet dar, die so für uns nicht akzeptabel ist. Hier werden ganz klar Lobbyinteressen über das berechtigte Interesse der Internetnutzer an frei zugänglichen Informationen gestellt. Es ist beschämend, dass schon nach so kurzer Zeit der Bevölkerung gegebene Versprechen nichts mehr wert sind. Das Abstimmverhalten im Bundesrat ist ein glatter Vertrauensbruch. Die rot-grüne Regierung in Niedersachsen ist bei der ersten Gelegenheit netzpolitisch umgekippt – aufrichtige Politik sieht anders aus.«
Hintergrund:
Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen heißt es wortwörtlich:
»Es soll einen gerechten Interessenausgleich für Urheberinnen und Urheber, Verwerterinnen und Verwerter sowie Nutzerinnen und Nutzer herstellen und das Recht mit neuen digitalen Nutzungspraktiken in Einklang bringen. Es soll bildungs- und wissenschaftsfreundlich sein. Ein eigenständiges Leistungsschutzrecht für Presseverlage, das bereits kleine Ausschnitte aus Zeitungsartikeln für ein Jahr ab Veröffentlichung gesetzlich schützt, ist überflüssig.« (Koalitionsvertrag, S.78)
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